In 2022 stehen viele Änderungen für Verbraucher an. Dazu gehört auch die Grundsteuer, die mit der neuen Grundsteuerreform für Immobilienbesitzer in 2022 langsam konkret wird. Mit der Grundsteuer fordert der Staat bei allen Eigentümern von Grundstücken und deren Bebauung eine Abgabe ein. So wurden 2020 etwa 14,7 Milliarden Euro fällig. Diese und frühere Steuereinnahmen landeten traditionell bei den Kommunen. Sie sind eine ihrer wichtigsten Einnahmequellen.
Doch 2018 erklärte das Bundesverfassungsgericht (mit Urteil Az. 1 BvL 11/14 vom 10. April 2018) diese Besteuerung beziehungsweise ihre Berechnung für verfassungswidrig. Was war passiert, wie sieht die neue Grundsteuer aus und was kostet sie?

Alte Grundsteuer verwassungswidrig: Zu viele Ungerechtigkeiten durch die alte Einheitsbewertung
Weil jede Gemeinde bisher einen eigenen Hebesatz für diese Steuer festlegen konnte, wichen die Grundsteuerbeträge quer durch das Land schon immer voneinander ab. In größeren Städten fielen sie meist höher aus als in kleineren oder auf dem Land. Doch daran hat das Bundesverfassungsgericht nicht einmal Anstoß genommen.
Als verfassungswidrig wurde vielmehr der sogenannte Einheitswert kritisiert. Denn auf diesen Einheitswert geht die Berechnung der Grundsteuer für Grundbesitz bis dato zurück. Diese Einheitsbewertung gründet sich auf alte Immobilienbewertungen. Die Festlegung des Einheitswertes stammt im Westen Deutschlands aus dem Jahr 1964 und im Osten des Landes sogar aus dem Jahr 1935.
Über den Einheitswert wurde die Grundsteuermesszahl abgeleitet. Diese war wiederum Basis, um die Grundsteuern zu berechnen. Zunehmend entstanden dabei aber ungerechte Steuerforderungen für Grundbesitz, die kaum noch etwas mit dem tatsächlichen Wert zu tun hatten. Selbst bei Flächen und Gebäuden in direkter Nachbarschaft wichen Steuerforderungen teilweise um das Dreifache voneinander ab.
Die Grundsteuerreform von Bund und Ländern als Antwort
Der Gesetzgeber bekam mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts rund eineinhalb Jahre Zeit, um eine Neuregelung auf den Weg zu bringen. Bis Ende 2024 muss die Reform umgesetzt sein, schrieb das Bundesverfassungsgericht vor. Ab dem 01. Januar 2025 hat die reformierte Steuer zu gelten.
Der Gesetzgeber stand vor einer großen Herausforderung, da die Berechnung der Grundsteuer und ihre Bedeutung derart komplex sind. Die Neuregelung der Grundsteuer musste einerseits gerechter werden. Gleichzeitig sollte die Reform den Kommunen weiterhin Einnahmen in gewohnter Höhe liefern. Zuletzt sollte die neue Regelung Steuerzahler nicht übermäßig zusätzlich belasten.
Denn die Steuer betrifft längst nicht nur Eigentümer von Grundstücken und Gebäuden, sondern praktisch jeden Haushalt: Vermieter können die Grundsteuer über die Nebenkosten auf ihre Mieter umlegen. Seit Ende 2019 steht für alle fest, wie es ab 2025 weitergehen soll.
Ein Bundesmodell mit Freiheiten für jedes Bundesland
Genau genommen ändert sich gar nicht so viel mit den Urteil für die neue Grundsteuer. Wirklich neu ist nur die Grundsteuer C, die zu der bisherigen Grundsteuer A und Grundsteuer B hinzukommt. Sie ist ausschließlich für unbebaute Grundstücke vorgesehen, die bisher in der Grundsteuer B zusammen mit allen anderen bebauten Grundstücken erfasst waren.
Die Ergänzung soll dringend benötigte Wohnraumbebauung fördern. Ansonsten werden nur alle Grundstücksflächen neu und anders bewertet. Vom Gesetzgeber im Bund kommt dazu bei der Grundsteuerreform ein wertorientierter Vorschlag – das sogenannte Bundesmodell. Es berücksichtigt für eine Berechnung des Einheitswerts diese Faktoren:
- den Bodenrichtwert, der die Basis für die Einschätzung des Wertes eines Grundstücks ist und auf regionalen Kaufpreisen beruht,
- eine Nettokaltmiete aus statistischen Werten,
- die Fläche von Gebäuden und Grundstücken,
- die Art der darauf errichteten Immobilien und
- ihr Alter.
Grundsteuerreform – Das kommt als Eigentümer auf Sie zu
Die genannten Daten müssen Sie als Eigentümer eines Grundstück oder einer Eigentumswohnung in einer Erklärung einreichen. Dafür wird es Vordrucke geben. Ihre eingetragenen Daten benötigt dann das Finanzamt, um die Grundsteuer neu zu berechnen. Ob das pünktlich gelingt, bleibt Anfang 2022 noch offen.
Womöglich reicht die mehrjährige Frist längst nicht aus, die der Gesetzgeber zur Grundsteuerreform bekommen hat. Überall müssten jetzt langsam Tausende zusätzliche Mitarbeiter in die Finanzverwaltung strömen, um die Neuberechnung pünktlich abzuschließen. Von einer Einstellungsoffensive in den Finanzämtern ist aber Anfang 2022 noch nichts bekannt. Dennoch tut sich schon etwas:
- Wahrscheinlich ab März 2022 werden Sie als Eigentümer per Post aufgefordert, demnächst alle relevanten Daten einzureichen.
- Anzugeben sind die Werte zum 01. Januar 2022, dass heißt, die Verhältnisse, die zum 01. Januar aktuell waren.
- Diese erste Erfassung jetzt soll in Form einer separaten Steuererklärung stattfinden.
- Sie muss ab dem 01. Juli 2022 und vor Ende Oktober 2022 online über die Elster-Plattform gemacht werden.
- Eine Abgabe in Papierform ist nur ausnahmsweise erlaubt.
- Folgen einer verspäteten Einreichung oder bei Nichtabgabe sind aktuell nicht bekannt, aber im schlimmsten Fall drohen wohl Säumniszuschläge oder Zwangsgelder.
- Ende des Jahrzehnts soll mit Stichtag 01. Januar 2029 die nächste Erfassung erfolgen.
Aus den Daten berechnet sich dann der Nachfolger der alten Einheitswerte und schließlich die zukünftige Besteuerung. Fraglich bleibt dabei, ob das Bundesmodell allein über den Bodenrichtwert die unterschiedlichen Immobilienwerte oder die Wertentwicklung der Objekte ausreichend abbilden kann.
Daran hatten offensichtlich auch die Bundesländer Zweifel und bestanden bei dem Gesetz auf einer sogenannten Öffnungsklausel für abweichende Regelungen. Den mit der Öffnungsklausel haben die Länder das Recht, eine eigene Neuregelung der Grundsteuer festzulegen.
Diese Regelungen für die Grundsteuer gelten in den Bundesländern
Sieben Bundesländer sind schnell aus dem Bundesmodell ausgeschert und haben ihre eigene Variante der Grundsteuerreform beschlossen:
- Der Freistaat Sachsen und
- das Saarland
passen dabei nur Steuermesszahlen an.
- Baden-Württemberg,
- Bayern,
- Hamburg,
- Hessen und
- Niedersachen
wollen komplett andere Wege gehen. Hamburg, Hessen und Niedersachsen setzen auf Flächen-Lage-Modelle. Diese berücksichtigen die Lage eines Grundstücks und damit den Marktwert genauer. Bayern probiert eine einfachere Lösung. Die Grundsteuer wird hier künftig anhand der Fläche des Grundstücks und der Fläche des Gebäudes und der Nutzung einer Immobilie berechnet.
Der Sonderweg Baden-Württembergs soll sich an Fläche und Bodenrichtwert orientieren. Dort gibt es schon im Vorfeld die größte Kritik. Denn der Baden-Württemberger Ansatz berücksichtigt nicht, welche Gebäude auf den Flächen stehen. Ein Einfamilienhaus wird hier gleich erfasst wie ein großes Mehrfamilienhaus, was die Eigentümer von Ein- oder Zweifamilienhäusern überdurchschnittlich belasten wird.
Abseits konkreter Berechnungen und Modelle für die Grundsteuerreform ist die allererste Frage, die die Menschen im Land bei der neuen Grundsteuer beschäftigt: Was kostet die Grundsteuerreform? Müssen Sie mehr oder weniger zahlen?
Grundsteuer ab 2025: Müssen Sie mehr zahlen?
Die neuen Einheitswerte, um die Grundsteuer zu berechnen, werden sicherlich Einfluss auf die Steuerhöhe haben. Zuletzt sind es aber die Gemeinden bzw. die Kommunen, die über den Hebesatz die entscheidende Stellschraube in der Hand halten. Das Bundesfinanzministerium hat die Kommunen gebeten, diese eventuell auch zurückzudrehen.
Damit sollen Sie als Eigentümer durch die neue Regelung nicht mehr zahlen müssen. Ob die Kommunen dieser Bitte folgen und ihren Hebesatz entsprechend justieren, wird sich erst zeigen, wenn die Grundsteuerreform in Kraft getreten ist.
Das künftige Einbeziehen der Lagequalität, die in Bundes- wie Ländermodellen mehr oder weniger berücksichtigt wird, gibt jedoch schon einige Tendenzen vor:
- In beliebten Lagen in der Stadt wird es durch die Änderungen für Grundbesitzer und Mieter sehr wahrscheinlich teurer.
- Viele ländliche Regionen könnten dagegen mit geringeren Grundsteuerforderungen profitieren.
Es wäre jedoch fatal für die Reform, wenn das Wohnen in den Städten noch teurer werden würde. Aber vielleicht muss am Ende auch nochmals das Bundesverfassungsgericht entscheiden. Denn ob und wie die Reform der Grundsteuer Steuergerechtigkeit schafft, steht bislang noch weitgehend in den Sternen.
Copyright Bild: @munich1/depositphotos.com