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Ein Girokonto für jedermann – was steckt genau dahinter?

Wozu brauchen wir noch Münzen und Scheine? Wir bezahlen den Einkauf mit unserer EC-Karte, die Parkgebühren mit dem Geldchip auf der Karte und das Bahnticket mit einer App. Unsere regelmäßigen Zahlungen, wie Miete, Versicherungen, Abos etc., gehen automatisch vom Bankkonto. Wir wickeln viele Geldgeschäfte mittlerweile ab, ohne dass tatsächlich Bargeld fließt. Doch was ist mit den bundesweit fast 600.000 Personen, die keinen Zugang zu einem Girokonto haben, wie Obdachlose oder Asylbewerber? Sie werden nicht nur allmählich vom Zahlungsverkehr abgehängt, sondern auch bei der Arbeitsplatz- und Wohnungssuche benachteiligt. Denn überall wird ein Konto verlangt. Wiederum sind ein Einkommen und ein Wohnsitz häufig Voraussetzung für eine Kontoeröffnung – ein Teufelskreis.

Ein Girokonto für jedermann müsste es also geben. Die Grundlage hierfür schuf das Bundeskabinett im Herbst dieses Jahres. Es verabschiedete am 28.10.2015 den gemeinsamen Entwurf des Bundesjustiz- und des Bundesfinanzministeriums für das neue Zahlungskontengesetz. Damit hätte jeder einen Rechtsanspruch auf ein Girokonto in Form eines Guthabenkontos. „Das ist ein zentraler Schritt, damit alle Menschen in Deutschland voll am gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben teilhaben können“, lässt Heiko Maas, Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz, auf der Ministeriumsseite verlauten.

Jeder hat das Recht auf ein eigenes Bankkonto!

Egal ob sozial schwächer gestellt, obdachlos, asylsuchend oder geduldet – jeder hat nun das Recht, ein Bankkonto beim Kreditinstitut seiner Wahl zu eröffnen. Voraussetzung ist lediglich, dass sich der Kontoinhaber legal in der Europäischen Union aufhält. Zählen Sie zu diesem Personenkreis? Dann können Sie mit dem Basiskonto für jedermann nun grundlegende Dienste in Anspruch nehmen, wie Ein- und Auszahlungen, Lastschriften, Überweisungen oder die Nutzung einer Zahlungskarte. Überziehen können Sie Ihr Guthaben hingegen nicht. Auch ist das Konto nicht prinzipiell kostenfrei. Alle Kreditinstitute bundesweit müssen zwar laut Entwurf ein solches Basiskonto anbieten (Kontrahierungszwang), können hierfür aber ein Entgelt in angemessener Höhe verlangen. Eine Kontoeröffnung ablehnen können sie jedoch nur in einem eng gesteckten Rahmen, wenn Sie bereits ein Girokonto bei einem anderen Geldinstitut führen, sich wegen bspw. Kontobetrugs strafbar gemacht haben oder Ihnen aufgrund von Zahlungsverzug bei einer anderen Bank gekündigt wurde.

Trifft dies alles nicht zu und das Institut weigert sich dennoch, Ihr Bankkonto zu eröffnen, können Sie sich an das zuständige Zivilgericht oder eine Verbraucherschlichtungsstelle wenden. Darüber hinaus schafft der Gesetzentwurf noch eine weitere wirksame und kostensparsame Möglichkeit, gegen eine Weigerung vorzugehen. Es soll ein Verwaltungsverfahren bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) eingerichtet werden. Entscheidet das Kreditinstitut nicht binnen zehn Geschäftstagen über Ihren Antrag oder lehnt gar ab, können Sie sich ans BaFin wenden. Wird dabei festgestellt, dass Sie unberechtigt abgelehnt wurden, kann das BaFin die Eröffnung Ihres Girokontos anweisen. Und auch dieser Prozess muss innerhalb eines Monats geregelt sein, dabei müssen Sie keinen Anwalt einbeziehen.

Nicht nur Bankkonto für alle, sondern Transparenz für alle

Vielleicht denken Sie jetzt: „Schön, dass dann alle ein Recht auf ein Girokonto haben. Aber was ist mit denen, die schon eins haben?“ Sie dürfen sich auch auf das neue Zahlungskontengesetz freuen. Denn der Entwurf zum Gesetz, das noch in der ersten Jahreshälfte 2016 in Kraft treten soll, beinhaltet nicht nur mehr Gleichberechtigung bei der Kontoeröffnung, sondern auch mehr Transparenz für alle Bankkunden. Laut Entwurf müssen Geldinstitute Ihnen als Kunde nachvollziehbar die Kosten für die verschiedenen Dienstleistungen aufschlüsseln, sodass Sie die verschiedenen Banken gegenüberstellen und die für Sie beste Wahl treffen können. Dabei sollen Vergleichswebsites, die vom Bund zertifiziert werden, behilflich sein. Zudem wird Ihnen der Wechsel des Bankkontos erleichtert. Entschließen Sie sich, die Bank zu wechseln, dann sind sowohl Ihr bisheriges als auch Ihr zukünftiges Geldinstitut dem Entwurf nach verpflichtet, zu kooperieren und umgehend die notwendigen Schritte für den Wechsel, wie Daueraufträge ändern, Zahlungspartner informieren etc., vorzunehmen. So bleibt Ihnen viel Papierkrieg erspart. Unterm Strich dienen die Maßnahmen des geplanten Zahlungskontengesetzes vor allem dazu, mehr Wettbewerb auf dem Finanzmarkt zu schaffen und Ihre Rechte als Verbraucher zu stärken.

Das Einmaleins des Girokontos

Damit Sie Ihre Rechte auch wahrnehmen können, ist es nützlich, die grundlegenden Begriffe rund um das Thema Girokonto zu kennen. Hierzu hat die Verbraucherzentrale auf Ihrer Internetpräsenz eine umfangreiche Übersicht erstellt, die wir Ihnen kurz umreißen.

Bei der Wahl eines neuen Geldinstituts sollten Sie sich bspw. fragen, ob Sie lieber die Bank mit der Filiale vor Ort oder die Direktbank, die Sie nur über Telefon, E-Mail bzw. Fax kontaktieren können, bevorzugen. Hinsichtlich der Konditionen sollten Sie darauf achten, ob pauschal eine Gebühr für das Konto erhoben wird oder ob bei den einzelnen Dienstleistungen Kosten entstehen.

Der Zweck entscheidet über die Form des Bankkontos, wie das Gehaltskonto für das Einkommen, das Guthabenkonto, das Sie nicht überziehen dürfen, oder das Gemeinschaftskonto für mehrere Personen, vor allem für Ehepartner geeignet. Zudem gibt es noch Sonderformen für bestimmte Personenkreise.
Auch Karte ist nicht gleich Karte: Mit der Kundenkarte erhalten Sie nur Kontoauszüge und Bargeld direkt in der Bank. Geld von Bankautomaten bekommen Sie mittels Girokarte, mit der Sie auch im Einzelhandel bezahlen können. Besitzt die Girokarte zudem noch einen Geldchip, kann dieser aufgeladen und zur Bezahlung z. B. an Parkautomaten genutzt werden. Die Kreditkarte wiederum ermöglicht Ihnen bargeldloses Zahlen rund um die Welt, bringt aber unter Umständen auch hohe Gebühren mit sich. Gut zu wissen: Sollten Sie Ihre Bankkarte einmal verlieren oder sie wird gestohlen, dann darf Ihre Bank keine Gebühr für eine neue Karte erheben. Dies käme einer Bestrafung gleich, da Sie verpflichtet sind, den Verlust der Karte Ihrer Bank mitzuteilen. Das legte der Bundesgerichtshof am 20.10.2015 fest.

Möchten Sie ein Girokonto kündigen, dann sind Sie nicht an Fristen gebunden, die Bank hingegen schon. Die muss nämlich mindestens zwei Monate betragen und es dürfen für Sie keine Kosten entstehen. Ohne Einhaltung einer Frist kann Ihr Geldinstitut Ihnen nur infolge triftiger Gründe kündigen. Falls Sie also einen Kontowechsel in Betracht ziehen, sollten Sie dieses neu erworbene Wissen nutzen.