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AnaCredit soll künftig europaweit alle Kreditdaten erfassen

Seit dem 18. November 2015 ist es beschlossene Sache: Ab 2018 müssen Kreditinstitute ausführliche Datensätze über laufende Darlehen erfassen und an die europäische Zentralbank (EZB) melden. Diese führt die Daten dann im sogenannten Register AnaCredit zusammen. Der auf den ersten Blick kryptische Name steht für „analytical credit datasets“ bzw. „analytische Kreditdatensätze“ und bezeichnet das zukünftige zentrale Kreditregister der EZB. Ziel ist es, mithilfe der umfangreichen Datensammlung mögliche Risiken im Euroraum rechtzeitig zu erkennen und gegensteuern zu können. Gleichzeitig soll AnaCredit helfen, die Wirksamkeit von geldpolitischen Maßnahmen, die die EZB vornimmt, zu überprüfen. Der Umfang und die Wirksamkeit des Registers werden dagegen von vielen Seiten scharf kritisiert.

Schrittweise wird das Kreditregister im Euroraum eingeführt

Die Einführung des Systems wird in mehreren Phasen vollzogen. Zunächst müssen bis Ende 2017 alle 19 Länder des Euroraums die Voraussetzungen für die Implementierung schaffen. In acht von ihnen besteht jedoch die Schwierigkeit, dass im Gegensatz zu den anderen Ländern hier bisher kein nationales System zur Erfassung von Kreditdaten besteht und dieses erst entwickelt werden muss. Daneben können sich Länder außerhalb des Euroraums freiwillig an AnaCredit beteiligen. Die nächste Phase beginnt 2018: Von diesem Zeitpunkt an sind Darlehensgeber verpflichtet, Kredite von Unternehmen, die 25.000 Euro übersteigen, an die EZB zu melden. In Deutschland liegt die Untergrenze bis dato bei 1 Million Euro – der höchste Wert europaweit. Des Weiteren gilt ab 2018 die Meldepflicht für Kredite ab 100 Euro, wenn Probleme bei ihrer Tilgung auftreten, und bei abgelehnten Krediten. Hier ist für die EZB interessant, ob der Kredit nicht vereinbart wurde, weil der Kunde die Kreditkonditionen nicht akzeptierte oder weil das Kreditinstitut den Kunden aufgrund fehlender Kreditwürdigkeit ablehnte. Nach 2020 ist dann geplant, dass die Kreditinstitute ebenfalls Kredite von Privatpersonen im System angeben. Eine genaue zeitliche Festlegung gibt es hierbei aber noch nicht.

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Kritiker meinen: zu viele Daten, zu großer Aufwand, zu wenig Nutzen

Auch wenn die EZB AnaCredit als bloße statistische Datenbank zur Stärkung des Eurosystems darstellt, regt sich vielerorts Widerstand. Das größte Problem sehen die Bankhäuser vor allem in der Erfassung von über 100 Merkmalen je Kredit, die teilweise bislang nicht erhoben werden. Daneben erhöht sich insbesondere in Deutschland die Zahl der zu erfassenden Unternehmenskredite durch die Herabsetzung der Untergrenze von 1 Million Euro Kreditvolumen auf 25.000 Euro erheblich. Diese Punkte sorgen für einen beträchtlichen bürokratischen Aufwand und stellen vor allen Dingen mittlere und kleinere Kreditinstitute vor große Herausforderungen. Auf Seiten der Wirtschaft wird bereits befürchtet, dass sich dies in einer verteuerten Kreditvergabe niederschlägt. Ebenso sind Fragen zu Verbraucher- und Datenschutz nicht zufriedenstellend geklärt und es sei fragwürdig, ob ein niedriger Unternehmenskredit oder Privatkredit eine Gefahr für das gesamte Eurofinanzsystem darstellen könnte. Kritikern stößt dabei hauptsächlich auf, dass die EZB auf eine öffentliche Aussprache weitestgehend verzichtet hat.

Ausnahmen für kleinere Banken sind möglich

In einem Punkt hat die EZB jedoch bereits nachgebessert. Denn es wurde angekündigt, dass die Euro-Länder Sonderregelungen hinsichtlich kleinerer Kreditinstitute treffen können. Das heißt, Banken, deren Beitrag sich unter zwei Prozent des gesamten Beitrages des Landes an AnaCredit beläuft, sind von der Meldepflicht enthoben. Das würde im Besonderen Deutschland mit 2.000 Bankhäusern zugutekommen und hier die Hälfte von ihnen entlasten. Unabhängig davon hat sich die Bundesbank, die auf nationaler Ebene das Kreditregister für Deutschland darstellt, mittlerweile vorgenommen, ab 2017 die Datenlücke im Bereich der Immobilienfinanzierungen zu schließen. Dazu erklärte der Ausschuss für Finanzstabilität eine gesetzliche Grundlage bis zum 31. März 2016 für unabdingbar.

Im Endeffekt bleibt es dennoch sowohl für Unternehmen als auch Privatpersonen nicht aus, dass Bundesbank und EZB immer mehr Daten über sie sammeln und sie zu gläsernen Konstrukten werden lassen, ohne dass sie die Folgen absehen können.