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Sparkasse muss 20.000 Kunden entschädigen

Mehr als 20.000 Kunden der Sparkasse Ulm sind verärgert bis hin zu enttäuscht über das Verhalten des Kreditinstitutes. Der Anlass dazu sind die Scala-Sparverträge. Sie wurden in den 1990er bis Mitte der 2000er Jahre beworben und auch gerne abgeschlossen. Das Kernangebot der Scala-Verträge war die Möglichkeit, innerhalb einer 25jährigen Laufzeit die monatliche Sparrate auf bis zu 2.500 EUR erhöhen zu können. Zusätzlich zum vertraglich vereinbarten, also zugesicherten Grundzins beinhaltet der Scala-Vertrag noch ein Bonuszins von bis zu 3,5 Prozent. Eine für den Sparer insgesamt lukrative Geldanlage bei der örtlichen Sparkasse seines Vertrauens. Das italienische Wort Scala heißt zu Deutsch Treppe. Scala-Verträge werden deswegen als solche so bezeichnet, weil der Bonuszins Jahr für Jahr ansteigt, so wie eine Treppe Stufe für Stufe kontinuierlich aufwärts führt.

Sparkasse Ulm will raus aus den Scala-Verträgen

In Ulm machen Sparer als Vertragspartner der Sparkasse die bittere Erfahrung, dass sie nur solange gern gesehene Kunden sind, wie „ihre Sparkasse“ an ihnen verdient. Ist das nicht so wie erwartet der Fall, dann wird nach Alternativen gesucht; einseitig, ohne Rücksicht auf den Kunden, und auch ohne Rücksicht auf bestehende Verträge. Der Anlass dazu ist die seit längerer Zeit andauernde Niedrigzinsphase an den Finanzmärkten. Die Sparkasse Ulm arbeitet mit dem Geld der Sparer, sie legt es ihrerseits zinsbringend an. Der Zinsertrag ist für das Kreditinstitut jedoch niedriger als die Grund- und Bonuszinsen, die an die Scala-Sparer vertraglich gezahlt werden müssen. Das ehemals lukrative Scala-Geschäft hat sich für die Sparkasse negativ entwickelt. Schlimmstenfalls ist jeder Scala-Vertrag für sie ein Minusgeschäft; und das noch, abhängig von der Vertragslaufzeit, auf Jahre hinaus. Das baden-württembergische Kreditinstitut versucht nun mit vielerlei Tricks, diese Misere zu lösen. Den einen werden alternative Angebote gemacht, wenn als Junktim der Scala-Vertrag aufgelöst wird. Bei anderen wird versucht, den Vertrag einseitig zu kündigen. Und mittlerweile muss der Scala-Sparer auch noch nachprüfen, ob seine Grund- und Bonuszinsen von der Sparkasse Ulm korrekt berechnet worden sind.

Sparvertrag zwingt zur Vertragstreue – in guten wie in schlechten Zeiten

Die Reaktion der Ulmer Sparkassenkunden ist nachvollziehbar und richtig. Sie lassen das Gebaren des Kreditinstitutes gerichtlich prüfen und sind zurzeit auf gutem Wege, Recht zu bekommen. Die Richter sind weniger an den Zahlen als vielmehr an der Frage interessiert, wie ein rechtsgültiger Vertrag zu bewerten ist. Jeder Scala-Vertrag ist von beiden Vertragspartnern eigenhändig unterschrieben worden. Seine Gültigkeit ist bisher nicht angezweifelt worden. Nach Ansicht des Klägervertreters sind Vertrag und Zinsen auch dann zweierlei, wenn sie in einem Sparvertrag originär zusammenhängen. Wenn umgekehrt die Sparkasse in einer – theoretischen – Hochzinsphase mit den Geldanlagen der Scala-Sparer einen höheren Gewinn hätte erzielen können, wäre sie gar nicht auf die Idee gekommen, den übe 20.000 Sparern zu kündigen, oder deren Kündigungen anzunehmen. Die Sparkasse hätte „einen guten Schnitt gemacht“, auf den sie sicherlich nicht verzichtet hätte. Der Scala-Sparer wäre von ihr ermahnt worden, sich an den Vertag zu halten.

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Schlechter Stil der Sparkasse sorgt für Missmut und Misstrauen

Offensichtlich haben die Banker ihre Kunden und deren Berater mit Rechtsanwalt und Verbraucherzentrale, aber auch die Rechtsprechung unterschätzt. Das Ulmer Landgericht hat entschieden, dass die Scala-Verträge nicht einseitig und ohne Zustimmung der Sparer gekündigt werden können. Über die Berufung der Sparkasse entscheidet das Stuttgarter Oberlandesgericht im Herbst, voraussichtlich im September 2015. Das deutsche Recht ermöglicht in dieser Situation keine Sammelklage, sodass jeder Betroffene einzeln sein Recht suchen, sprich einklagen muss. Die Bündelung bei einem oder einigen Rechtsanwälten sorgt jedoch für Struktur und Einheitlichkeit unter den Klägern. Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg ist mit einer Abmahnung sowie mit einer Unterlassungsklage gegen die Sparkasse Ulm ebenfalls aktiv geworden.

Nachzahlungen für Sparkassen-Kunden bis zum vierstelligen Eurobereich möglich

Mittlerweile wird auch um Details bei der Berechnung von Grund- und Bonuszinsen gestritten, ebenso wie um die Erhöhung der monatlichen Sparrate auf bis zu 2.500 EUR. Hier kann die Frage entscheidend sein, ob eine diesbezügliche Werbung auf dem Produktflyer ein Vertragsbestandteil ist oder dazu werden kann. Die Banker in Ulm denken eindeutig zu kurz. Sie wollen, zur Not auch rechtswidrig, retten, was zu retten ist. Dabei berücksichtigen sie in keine Weise die immensen Zusatzkosten an Personal und Manpower, die bisher entstanden sind, und die zukünftig noch anfallen werden. Ein Imageverlust ist schon jetzt unvermeidbar. Die Negativschlagzeilen in der örtlichen und in der landesweiten Presse wirken regelrecht geschäftsschädigend. Zudem gingen wohl bisher 12.000 Sparer auf die alternative Sparangebote ein – wohl eher aus Angst vor weiteren Verlusten.

Zahlen allein sind nicht allesentscheidend für den langfristigen und nachhaltigen Erfolg einer Bank oder Sparkasse. Ohne das Vertrauen der Sparer gibt es kein Geld, mit dem das Kreditinstitut seinerseits arbeiten, sprich Gewinne machen kann.