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Senioren erhalten schwieriger Kredite durch neue Auflagen

Kreditrichtlinien aus dem Jahre 2014 mit Spätfolgen für Rentner und Pensionäre

Bei den Banken und Sparkassen gelten die „Best Ager“ normalerweise als besonders kreditwürdig. Ihre Bonität ist von der Einkommensseite her ausgesprochen gut. Denn ihr Einkommen mit Rente, Pension und der privaten Zusatzversicherung ist garantiert, es ist „totsicher“. Das ist spätestens der Fall, seit der frühere Bundesarbeitsminister Norbert Blüm den legendären Satz formulierte „Die Renten sind sicher“. Das stimmt heutzutage mehr denn je, wenngleich die Rentenhöhe vielfach zu wünschen übrig lässt. Kein Rentner braucht sich darum zu sorgen, dass die Monatsrente am letzten Werktag im Laufe des Vormittags auf dem Girokonto gutgeschrieben wird. Doch das ist nur die eine Seite der Medaille, nämlich die für den laufenden Lebensunterhalt. Auf der anderen Seite haben auch ältere Generationen das Bedürfnis oder die Notwendigkeit, eine Immobilie zu finanzieren, oder in die Bestandsimmobilie zu investieren. Dazu brauchen sie eine Immobilienfinanzierung ihrer Hausbank. Die wird in Zukunft deutlich schwieriger bis hin zu unmöglich, obwohl sich an der Bonität des Kreditsuchenden gegenüber bisher nichts geändert hat. Verursacher ist die Europäische Union. Das EU-Parlament hat mit seiner Richtlinie Nr. 17 aus dem Jahre 2014 zum Thema „Wohnimmobilienkreditverträge für Verbraucher sowie mit einer Änderung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie“ vorgegeben, dass diese Bestimmungen bis Ende März 2016 in nationales, also auch in deutsches Recht umzusetzen sind. Ergänzend dazu gilt für den deutschen Kreditmarkt, dass „eine Beratungspflicht des Darlehensgebers für solche Fälle vorgesehen ist, in denen das Konto des Darlehensnehmers dauerhaft und erheblich überzogen wird“.

Was harmlos klingt, hat gravierende Auswirkungen

Diese Vorgabe hört sich so logisch wie schlüssig an. Zur Bonitätsbewertung des Darlehensgebers gehört normalerweise auch, aber nicht nur die Prüfung der Einnahmeseite, sondern ebenfalls das Ausgabeverhalten. Die entscheidende Neuerung liegt darin, dass der Ermessensspielraum des einzelnen Kreditinstitutes innerhalb der eigenen Kreditvergaberichtlinien deutlich geschmälert wird. Aus dem bisherigen Ermessen zu einem Ja, Nein oder zu einem Jein über die Kreditvergabe wird nun vielfach ein klares, nicht zu umgehendes Nein. Was steckt dahinter?

EU zieht Konsequenzen aus der 2008er Finanzkrise

Die europaweite Finanzkrise im vergangenen Jahrzehnt war partiell auch eine Immobilienkrise. Einstmals sichere Finanzierungen wurden durch wegfallende Einnahmen oder durch ein nachlässiges Ausgabeverhalten der Immobilienbesitzer wackelig bis hin zu unbezahlbar. Daraus entwickelten sich sogenannte „faule Kredite“. Die Immobilien mussten verkauft und versteigert werden. Den Kürzeren zogen in jedem der Fälle die Immobilienfinanciers. Sie mussten ihre Forderungen ausbuchen. Aus dem ehemals lukrativen, zinsbringenden Immobiliendarlehen wurde ein Verlustgeschäft in Milliardenhöhe. Das soll sich nicht wiederholen. Zukünftig soll schon im Vorfeld, sozusagen präventiv einer möglichen Immobilienkrise vorgebaut werden. Der Gesetzgeber setzt dort an, wo Darlehen vergeben werden und wo an der Darlehensvergabe verdient wird, nämlich bei den Kreditinstituten. Bisher konnten sie, jetzt dürfen sie keine Immobilienkredite mehr vergeben, wenn das Einkommen zwar gesichert ist, die private Wirtschaftsführung des Kreditsuchenden jedoch nicht stimmt.

Zahlungskräftige Senioren geraten in den Negativsog

Immobilienbesitz ist das eine, die Liquidität für den Schuldendienst das andere. Bitter wird diese neue restriktive Haltung für Senioren, die in ihre Immobilie investieren müssen, beispielsweise aus Barrieregründen. Sie müssen Türen verbreitern, den Sanitärbereich komplett barrierefrei gestalten, einen Treppenlift einbauen, den Hauseingang ebenerdig neugestalten und anderes mehr. Das kostet schnell mehrere Zehntausend Euro. Das Geld ist nicht vorhanden, es muss finanziert werden. Ohne das Darlehen der Hausbank kann nichts gemacht werden. Wenn die Nein sagt, zukünftig sagen muss, dann ist der körperlich Gehandicapte buchstäblich am Ende. EU, Bund und Länder setzen mit dieser neuen Bestimmung dort an, wo das Risiko am latentesten ist. Das ist nicht die Einnahme-, sondern die Ausgabeseite. Davon betroffen sind nicht nur die Generationen 60plus, sondern auch jüngere Arbeitnehmer, Angestellte und selbst Beamte im Alter 50plus. Sie bringen Monat für Monat ein ansehnliches Einkommen nach Hause. Mit der „Investition in Betongold“, sprich in die Immobilie möchten sie für das Alter vorsorgen. Erste bundesweite Erfahrungen zeigen, dass sie vielfach ebenfalls ein Opfer ihrer rigide entscheidenden Hausbank werden.

Als Fazit lässt sich feststellen, dass mit der Gesetzgebung sicherlich nicht jeder Einzelfall erfasst und individuell geregelt werden kann. Die jetzige, wenig differenzierte Haltung der Banken und Sparkassen führt jedoch nicht nur zu Ungerechtigkeiten, sondern zu teilweise schwerwiegenden Benachteiligungen. Die wenigsten bauen oder kaufen sich eine Luxusvilla fürs Alter. Sie möchten vorsorgen, oder sie müssen auf neue gesundheitliche Wechselfälle des Lebens reagieren. Ihnen in dieser Situation die dringend benötigte Hilfe zu verweigern, obwohl sie über das kreditwürdige Einkommen verfügen, ist den Betroffenen nur schwer bis gar nicht klarzumachen.